Prince Henri Auditoire 02 BW

Das Konsumverhalten von Grenzgänger-Haushalten in Luxemburg: eine empirische Analyse

31.03.2014
Autoren : Thomas Y. Mathä, Alessandro Porpiglia und Michael Ziegelmeyer

 

In der ökonomischen Fachliteratur wurde das grenzüberschreitende Konsumverhalten bisher vor allem im steuerlichen Zusammenhang analysiert. Unterschiedliche Mehrwert- und Konsumsteuersätze führen zu Preisunterschieden, die von Haushalten in Grenzregionen systematisch ausgenutzt werden. Dieser Artikel trägt zur bisherigen Literatur bei, indem er sowohl das gesamte als auch produktbezogene grenzüberschreitende Konsumverhalten untersucht. Im Gegensatz zur bisherigen Literatur untersucht dieser Aufsatz das grenzüberschreitende Konsumverhalten der Grenzgänger-Haushalte. Da Grenzgänger durch ihren täglichen Weg zur Arbeit nach Luxemburg in der Regel keine zusätzlichen Transportkosten (in Zeit und Geld) für den Erwerb von Konsumgütern in Luxemburg in Kauf nehmen müssen und Sprachbarrieren, Unsicherheit/Uninformiertheit über Produktstandards und Verbraucherrechte kein asymmetrisches Informationsproblem darstellen, ist für diese Aspekte bereits kontrolliert.

Dieser Aufsatz nutzt Daten einer repräsentativen Haushaltsbefragung unter Grenzgängern, die in Belgien, Deutschland und Frankreich wohnen und in Luxemburg arbeiten. Die Umfrage erfaßt detailliert das Konsumverhalten über sämtliche Produktkategorien von Kraftstoff-, Alkohol- und Tabak- bis hin zu Nahrungsmittel-, Kleidungs-, Automobil- und Möbelausgaben. Diese Ausgabengruppen erlauben einen Vergleich der Konsumausgaben der Grenzgänger mit den Konsumausgaben des Haushaltssektors in der luxemburgischen volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Ferner ist es möglich das grenzüberschreitende Konsumverhalten in Luxemburg zu verschiedenen Haushaltscharakteristika in Bezug zu setzen, wie beispielsweise der finanziellen Situation, einem Aspekt über welchen kaum etwas bekannt ist.

Im Aggregat und über verschiedene Konsumkategorien zeigt sich, dass die Konsumausgaben der Grenzgänger-Haushalte mit zunehmender Entfernung zum Arbeitsplatz abnehmen. Die geschätzten Koeffizienten sind kleiner als in der bisherigen Fachliteratur, da wie bereits erwähnt Grenzgänger täglich zum Arbeitsplatz nach Luxemburg pendeln. Das Haushaltseinkommen und die Haushaltsgröße haben ebenfalls einen positiven Einfluß. Des Weiteren sind die grenzüberschreitenden Konsumausgaben stark von Preisunterschiedenen zwischen den Nachbarländern abhängig. Diese Preisunterschiede spielen vor allem bei handelbaren Konsumgütern eine Rolle wie Nahrungsmittel, Alkohol, Tabak, Kleidung, Möbel und andere Ausstattungsgüter. Auf Dienstleistungsausgaben haben dagegen Preisunterschiede keinen systematischen Einfluß, was mitunter auf ihre eingeschränkte grenzüberschreitende Substituierbarkeit in Bezug auf den Konsum zurückzuführen ist.

Grenzgänger-Haushalte tragen beachtlich zu den Konsumausgaben in Luxemburg bei. In 2010 gaben sie im Schnitt €9.300 pro Haushalt im Großherzogtum aus. Dies entspricht 17% des in Luxemburg verdienten Bruttoeinkommens. Insgesamt tragen Grenzgänger 6% zu den Konsumausgaben des Haushaltssektors in Luxemburg bei. Der Anteil erhöht sich auf 10%, wenn Ausgaben für die Unterkunft, Strom, Wasser, Gas und andere Brennstoffe, die etwa 24% der Gesamtkonsumausgaben des luxemburgischen Haushaltssektors darstellen, nicht mit eingerechnet werden, da Grenzgänger per Definition nicht zu diesen Kategorien beitragen. Am meisten tragen Grenzgänger zu den Konsumkategorien Kraftstoffe (21%), Nahrungsmittel (11%) und Verpflegungsdienstleistungen (10%) in Luxemburg bei.

In 2010 machten Grenzgänger 44% der Beschäftigten in Luxemburg aus. Somit stellen die aggregierten Konsumschätzungen eine obere Grenze im internationalen Kontext dar. Es gibt jedoch keinen Grund anzunehmen, warum die zu den Konsumausgaben in Beziehung stehenden Verhaltensmuster nicht auch auf andere Länder mit Grenzgängerströmen übertragbar sein sollten.

 

Im April/Mai 2014 startet CEPS/INSTEAD im Auftrag der Banque centrale du Luxembourg (BCL) die zweite Erhebungswelle der Befragung zum „Finanz- und Konsumverhalten der in Luxemburg ansässigen Haushalte“ und der Befragung zum „Finanz- und Konsumverhalten der in Luxemburg arbeitenden Grenzgänger-Haushalte“, auf deren Daten dieses BCL Arbeitspapier basisiert. Ein weiteres BCL Arbeitspapier zu den Vermögensunterschieden zwischen in Luxemburg ansässigen und Grenzgänger-Haushalten wird voraussichtlich im April diesen Jahres erscheinen.

Zusammen liefern beide Umfragen wichtige Informationen über die Verteilung von Vermögen, Schulden und Einkommen der in Luxemburg ansässigen und der Grenzgänger-Haushalte. Die daraus gewonnen Ergebnisse sind von großer Wichtigkeit für ein besseres Verständnis der Konsequenzen von makroökonomischen Schocks auf unsere Wirtschaft. Beide Erhebungen dienen ausschließlich der Forschung und fließen in Forschungsbeiträge wie diesen ein.

Haushalte wurden mittels einer wissenschaftlichen Zufallsstichprobe ausgewählt, die die Repräsentativität der beiden Stichproben garantiert. Obgleich die Teilnahme an den Befragungen freiwillig geschieht, ist es für die Repräsentativität und damit den Erfolg dieser Befragungen äußerst wichtig, dass möglichst alle kontaktierten Haushalte an ihnen teilnehmen.

Weitere Einzelheiten zu der jeweiligen Erhebung entnehmen Sie bitte der Internet-Seite der Banque centrale du Luxembourg unter folgender Verknüpfung: http://www.bcl.lu/fr/media/HFCS/index.html.

 

Working Paper 89