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Publication du Cahier d’études n°37 - Regional wages and market potential in the enlarged EU: An empirical investigation
Auteurs: Thomas Y. Mathä et Allison Shwachman
Die „Neue Ökonomische Geographie“ hat zum zentralen Anliegen, die räumliche Wirtschaftsstruktur und die Ballung der wirtschaftlichen Aktivität zu erklären. Sie sieht die räumliche Ballung als einen durch zirkuläre und kumulative Kräfte bedingten endogenen Prozess. Der entscheidende theoretische Ansatzpunkt ist dabei die Fokussierung auf Marktgrößeneffekte, die in mikroökonomisch fundierten Modellen des allgemeinen Gleichgewichts mit unvollkommenem Wettbewerb und Transportkosten auf dem Gütermarkt dargestellt werden.
Eine empirisch verifizierbare Aussage ist, dass die geographische Einkommensstruktur eng mit dem Marktzutritt oder Marktpotential eines Wirtschaftstandortes zusammenhängt. Unter letzterem versteht man im Allgemeinen den Zutritt eines Wirtschaftsstandortes zu den Märkten anderer Wirtschaftsstandorte. Es wird im Allgemeinen als entfernungsgewichtete Summe der wirtschaftlichen Aktivität aller Wirtschaftstandorte berechnet. Der grundlegende Ansatzpunkt der Neuen Ökonomischen Geographie ist somit offenkundig. In einer Welt der Marktgrößeneffekte, in der Firmen sich auf die Produktion bestimmter Güter spezialisieren, sind von Absatzmärkten weit entfernt liegende Wirtschaftstandorte benachteiligt, da im Durchschnitt höhere Transportkosten bezahlt werden müssen und folglich geringere Umsätze erzielt werden, was letztendlich zu geringeren Lohneinkommen der Beschäftigen führt.
Das vorliegende Arbeitspapier untersucht anhand von Regionaldaten für die erweiterte Europäische Union inwieweit dieser Sachverhalt zutreffend ist. Die Schätzungen belegen, dass ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Marktpotential eines Wirtschaftstandortes und dem Lohneinkommen der Beschäftigten besteht. Steigt der Marktzutritt einer Region um das Doppelte, so steigt das durchschnittliche Lohneinkommen um 6-15 Prozent in den alten EU Wirtschaftsstandorten und 37-59 Prozent in den Wirtschaftsstandorten der neuen EU Mitgliedstaaten. Zudem erzielt die Verbesserung des Ausbildungsniveaus eine beträchtliche volkswirtschaftliche Rendite. Steigt der Anteil der aktiven Bevölkerung mit Hochschulausbildung um 1 Prozentpunkt, so steigt das durchschnittliche Lohneinkommen um ungefähr 1 Prozent; dieses gilt sowohl für die Regionen der alten EU15 Staaten als auch der neuen Mitgliedsstaaten.
Unterteilt man das Gesamtmarktpotential in verschiedene geographische Einheiten, so ergibt sich, dass das lokale Marktpotential eines Wirtschaftsstandortes, d.h. das Marktpotential, welches ein Wirtschaftsstandort auf Grund der Nachrage nach eigenen Produkten aufweist, das Einkommensniveau der Beschäftigten maßgeblich bestimmt, während unmittelbar angrenzende Wirtschaftsstandorte keinen signifikanten Einfluss ausüben. Der Marktzutritt zu allen anderen Wirtschaftsstandorten in der erweiterten EU ist jedoch von ähnlicher Bedeutung wie das lokale Marktpotential. Für das Lohneinkommen ist von Bedeutung, wo sich ein Wirtschaftstandort geographisch gesehen im Vergleich zu der wirtschaftlichen Aktivität anderer Wirtschaftstandorte in der EU befindet, d.h. wie weit entfernt seine Absatzmärkte im Vergleich derer anderer Wirtschaftsstandorte sind. Diese Gesamtergebnisse auf Luxemburg übertragend, ließe sich die Schlussfolgerung ableiten, dass Luxemburgs Einkommen und Wohlstand vor allem auf seiner eigenen Wirtschaftskraft und dem sehr guten Marktzutritt zu allen anderen Wirtschaftstandorten in der EU beruhen. Die angrenzenden Wirtschaftsstandorte der Großregion dagegen hätten keine Relevanz.
Der Wirtschaftsstandort Luxemburg hat in der Vergangenheit in ausgesprochenem Maße von der Europäischen Integration profitiert. Die Resultate eines Gedankenexperimentes zeigen, dass der Wirtschaftsstandort Luxemburg mit am härtesten getroffen werden würde, wenn morgen alle Staatsgrenzen in der EU schlössen und der Warenaustausch zum Erliegen käme. Luxemburg hat demnach ein großes Interesse an einer Weiterführung und Vertiefung der Europäischen Integration.