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Publication du Cahier d'études 74
Rückzug aus der privaten Altersvorsorge – Lehren aus Deutschland
(Backing out of private pension provision – Lessons from Germany)
Auteurs: Michael Ziegelmeyer et Julius Nick
Der demographische Wandel macht die Finanzierung von Renten zu einer Herausforderung. Ähnlich wie in anderen Ländern während des letzten Jahrzehnts, wurde im Jahr 2001 in Deutschland im Zuge einer Rentenreform eine subventionierte, freiwillige, private Altersvorsorge eingeführt. Ziel dieser sogenannten Riester Rente ist es, das durch die Reformen der Jahre 2001 und 2004 bewirkte Absinken des Rentenniveaus zu kompensieren.
Ende 2011 erreicht die Anzahl der Riester-Verträge mehr als 15 Millionen mit einer geschätzten Verbreitungsrate von mehr als 37%. Nach zahlreicher Kritik, vor allem von Verbraucherschützern, kommen jedoch Zweifel auf, ob der Markt für Riester-Produkte Konsumenten eine transparente Vertragswahl erlaubt. Die deutsche SAVE Studie 2010 ermöglicht erstmals, gekündigte und stillgelegte Riester-Verträge auf Haushaltsebene zu untersuchen, und schafft so neue Einblicke in das Konsumentenverhalten auf dem Markt für Riester-Produkte.
Ungefähr 14,5% bzw. 12,5% der Haushalte, die derzeit einen Riester-Vertrag besitzen oder besessen haben, haben einen solchen Vertrag schon einmal gekündigt bzw. stillgelegt. Nach der Kündigung (Stilllegung) schließen 73% (81%) keinen neuen Riester-Vertrag ab, was langfristige Auswirkungen auf ein angemessenes Renteneinkommen haben kann. In 45% aller Fälle sind schlechte Beratung oder ein schlechtes Produkt zumindest teilweise für die Stilllegung oder Kündigung des Vertrages verantwortlich. Dies ist eine signifikant höhere Rate als bei Kapitallebensversicherungen. War der Grund der Kündigung oder Stilllegung produktbezogen, so beeinflusst dies die Wahrscheinlichkeit eines neuen Vertragsabschlusses positiv. Ferner sind es vor allem Haushalte mit geringem Einkommen oder knappem Finanzvermögen, ostdeutsche Haushalte sowie Haushalte mit bescheidenem Altersvorsorgewissen, die dazu neigen, einen Vertrag zu kündigen oder stillzulegen. Haushalte mit niedrigem Einkommen oder knappem Finanzvermögen sind es auch, die nur geringe Verbreitungsraten von Riester-Verträgen vorzuweisen haben. In diesen Fällen liegt damit eine stärkere Gefährdung durch Altersarmut vor.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Haushalte mit gewissen Merkmalen nicht gut über den Markt für Riester-Produkte informiert sind. In Kombination mit einer unzureichenden Markttransparenz wählen die betroffenen Individuen Riester-Verträge, die für ihre Bedürfnisse und Präferenzen teilweise ungeeignet sind. Alle Teilnehmer des Markts für Riester-Verträge (Konsumenten, Anbieter, regulierende Behörden und Verbraucherschutzorganisationen) können zu einer Reduktion der Anzahl von Kündigungen und Stilllegungen sowie der damit verbundenen Kosten beitragen. Die regulierenden Behörden sollten die Rahmenbedingungen für Riester-Verträge in einer Weise gestalten, die die Vergleichbarkeit zwischen Verträgen verbessert. Des Weiteren könnten regulierende Behörden und Verbraucherschutzorganisationen gezielte Maßnahmen ergreifen, um die Risikogruppen mit hohen Kündigungs- und Stilllegungsraten bei der Wahl eines passenden Vertrages zu unterstützen, um so Kündigungen oder Stilllegungen zu vermeiden. Des Weiteren sollten Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es erlauben und fördern, dass sich Haushalte ausreichend über das Thema Altersvorsorge informieren. Anbieter sind angehalten, transparente, mit niedrigen Kosten verbundene Verträge anzubieten.
Die in dieser Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse sind auch für andere Länder interessant, die bereits freiwillige, private Altersvorsorgesysteme eingeführt haben, wie zum Beispiel Österreich (Zukunftsvorsorge, 2003), Frankreich (PERP, 2003), die Tschechische Republik, Slowenien, Irland oder Finnland. Die Erkenntnisse können in Ländern wie Luxemburg, die vor einem eventuellen Aufbau der privaten Altersvorsorge stehen, helfen, in Deutschland gemachte Fehler zu vermeiden.
Gelingt es den Akteuren nicht, diese Aufgabe gemeinsam zu lösen, besteht für einen substantiellen Anteil der Haushalte die Gefahr, die sich auftuende Rentenlücke nicht schließen zu können, was weder aus individueller, noch aus gesellschaftlicher Sicht wünschenswert sein kann.
Working paper 74